Mittwoch, 16. Januar 2013

RHEINPFALZ-Reportagepreis

Markus Clauer, Journalist im Kulturressort der Rheinpfalz, erhält den RHEINPFALZ-Reportagepreis für seine tolle Reportage "Das grüne Herz der Stadt" über den hack-museumsgARTen!!!









Das grüne Herz der Stadt
In Ludwigshafen hat ein Mitmachgarten eröffnet – Es ist der Ort der Stunde in der Pfalz
In Ludwigshafen kann jetzt jeder eine eigene Garten-Parzelle haben. Mitten in der Stadt. Kostenlos. Erde
wird gestellt. Als Beete dienen mitunter auch Kunststoffkisten. Der „hack-museumsgARTen“ ist ein Kunstprojekt. Aber eines, dessen Schönheit sich erst in der Gemeinschaft entfaltet. Es könnte die Stadtgesellschaft verändern.

Vielleicht ist der Klüberplatz in Ludwigshafen als Mahnmal gedacht. Soelend kann es in einer deutschen Stadt also aussehen. Normalerweise liegt die Pflasterstein-Brache zwischen Pfalzbau, Arbeitsamt und Staatsphilharmonie verlassen. Der Brunnen ist stillgestellt und verrottet. Der Wind hat Freispiel. Hier könnte jede Hoffnung hingerichtet werden. Selbst der Frühling sieht nach nichts aus. Nur Menschen, die eine Tarnung für ihre Verzweiflung suchen, halten sich dort länger auf. Und rauchen. Ansonsten will wohl jeder schneller darüber wegkommen wie über eine Liebe, die hässlich geworden ist.
Plötzlich aber, seit ein paar Tagen, bleiben viele schon mal stehen. Schon von weitem sieht man Leben. Bunte Flecken. Gewächs. Links ein bemalter Bauwagen abgestellt. Ein Blumentopf für Riesen präsidiert zwei Mann hoch die Mitte eines Areals,
das ein Bauzaun eingrenzt. Obenauf, ja auf dem Topf, eine Leiter führt hinauf, sitzen drei Menschen, drei Frauen. Eine trägt Kopftuch. Es leuchtet blau. Das alles sieht unwirklich aus. Treppe runter. Näher ran. Der Bauzaun klappt auf. Ein Eingang. Der
„hack-museumsgARTen“. Eintritt frei. Jeder ist hier zum Mitmachen eingeladen. Erde wird gestellt. Saatgut bitte mitbringen. Vorschriften keine. So steht es sinngemäß auf einer Broschüre, die ausliegt. Und das Schöne. Jedes Umtopfen ist hier Teil
eines Kunstprojekts. Das Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum hat es angezettelt. Eine echte Kunst-Kuratorin betreut hier das Jedermann-Gärtnern. Und Theresia Kiefer kümmert sich um das Grünzeug, als sei es Werk von Picasso. Der Museumsdirektor Reinhard Spieler sagt: „Der Museumsgarten soll den Platz nicht nur optisch verändern, sondern ihn zu einem Begegnungsort für das multikulturell geprägte Ludwigshafen machen.“ Im Garten gedeiht derweil die Flora in grünen Kunststoff-Kisten.
Rund 100 Menschen sind hier zusammengezählt am Tun, sagt Theresia Kiefer, die Kuratorin. Sie alle haben etwas beigetragen. Alle Künstler. Manche kommen täglich vorbei – zum Gießen. Einige sind Kenner. Ein paar hoffen nur. Leute aus der Nachbarschaft verlagern ihren Balkon in den öffentlichen Raum. Andere pflegen private Vorlieben auf 30 Quadratzentimetern
Erde. Deutsche mit Hut sind dabei. Andere tragen Piercings. Da wächst was auf Blechtischen, steht auf Paletten. An einem Iglu aus Zweigen rankt es. Man steht vor improvisierten Beeten. Jemand hat eine Vogelscheuche gezimmert. Selbstgemalte
Blumenbilder stecken im Boden. Ein Holzschwert ragt aus einem Lastwagenreifen, der mit Erde gefüllt ist, aus der zarte Pflanzen wachsen. Irgendetwas, das so heißt wie eine Nibelungenfigur. Es plätschert. Es summt. Ein Hämmern ist hörbar. Ein Insektenhotel ist eröffnet. Auf dem Dach hat der Künstler Fritz Eicher eine Kunstinstallation aufgestellt, die von Wildbienen bevölkert werden soll. Daneben zwei Bienenstöcke eines Imkers. Auf dem Platz trägt ein Kind eine Gießkanne mit sich rum. Ein Mann hält ein Eierkarton in den Händen, aus dem Kresse lugt. Er schaut behütend. Gummistiefel stehen zweckentfremdet als
Vasen in einen Kleinstgarten integriert. Zwei Frauen stecken ihren Kopf über Kräutern zusammen. Eine schwarz. Die andere hat Locken.
Ein Schild. Das Sufi-Zentrum reklamiert mit einer Aufschrift die Urheberschaft für ein botanisches Arrangement. Sufismus, ein Sammelbegriff für eine Unterströmung des Islam, die sich der Mystik verschrieben hat. Gleich daneben hat die Evangelische
Kirche Ludwigshafen ein „Bibelgärtchen“ installiert. Broschüren ausliegend. Ölbaum, Symbol für die Hoffnung. Granatapfel, steht für Leben, Fruchtbarkeit, Liebe. Der Koriander ist eine „alte Würzpflanze, deren Samen mit dem himmlischen Manna
verglichen werden“. Ein mittelaltes Paar schlendert. „Nur mal schauen“. Ein paar Schritte weiter. Joachim Heckmann lächelt versonnen in sich hinein. Ein Chemiker, im Hauptberuf. Gärtner von Herzen. Jemand, der dem Urwaldmammutbaum dort den
Puls fühlen könnte, hätte er einen solchen.
Heckmann läuft durch dieses Reich hier beseelt. Ein zugewandtes Gesicht. Das blonde Haar wird schütter. So sehen also Aktivisten aus. Leute, die warten können, bis genau ihr Thema auf der Hand liegt, um dann einzugreifen. Seins ist die Rückkehr der Grünen in die Stadt. Dass der „hack-museumsgARTen“ jetzt die Einöde des Ludwigshafener Klüberplatzes beatmet, dazu hat – Kunstprojekt hin oder her – Joachim Heckmann einiges beigetragen.
Er war von Anfang an dabei bei der Planung, seit November vergangenes Jahr. Seit seine Tochter ihm erzählt hat, was das Museum vorhat. Sie ist eine regelmäßige Besucherin. Er ist
so etwas wie der spiritus rector des „hack-museumsgARTen“ geworden. Als Privatmann. Er hat viele Ideen gehabt. Er ist oft hier und immer ansprechbar bei Fragen. Er schleppt Paletten. In seinem Büro zieht er Pflanzen, die demnächst den Bauzaun überwuchern sollen. Er kann sich als Teil einer riesigen Bewegung fühlen. Seit längeren ist das nämlich so, dass die Städter sich ihrer ländlichen Wurzeln erinnern. In Deutschland haben sich die Mitglieder der als Inbegriff des Spießbürgerlichen verschrieenen Schrebergärten von 1990 bis heute verdoppelt. Zwischen Aachen und Zwickau ist in rund 120 interkulturellen Gärten das große
Ackern und Säen inmitten des Dichtbebauten ausgebrochen. In Mannheimwird seit 2007 in U5 im Internationalen Garten Salat in einer 1000 Quadratmeter Baulücke großgezogen.
Anderorts verwandeln sich Hinterhöfe in Kartoffeläcker. An Unorten ist ein Ziergarten angelegt. Die bekannteste aller deutschen Initiativen ist der Berliner Prinzessinnengarten,
der zwischen Kiez und Kunst siedelt und dem in Ludwigshafen jetzt nachgeeifert wird.
Der Garten ist tief eingegraben ins Menschheitsgedächtnis. Als weltabgewandter Schutzraum. Ein Gegenort, Abglanz des Paradieses, der bis in die klösterlichen Kräutergärten reicht. Schon die Mitglieder der Lebensreformbewegung bewirtschafteten im
19. Jahrhundert Obstbau-Kolonien gemeinschaftlich. Viel später begrünte die alternativ bewegte Hausbesetzerszene die Hinterhöfe. Und um einmal von der Kunst zu sprechen. In Kassel stehen 7000 Eichen, die der Kunst-Guru Joseph Beuys bei der Documenta 1982 angepflanzt hat. Das Ursprungsland des überall neu entdeckten sogenannten Urban Gardenings aber sind die USA. Dort wird seit den 1970er Jahren verstärkt in der Stadt gegärtnert. Michelle Obama pflegt die private Agrikultur auf dem Gelände des Weißen Hauses in Washington. Der Fortgang ihres Jätens soll offiziellen Angaben zufolge Thema bei internationalen Konsultationen sein. In den aufgegebenen Gebieten von Detroit wird das
in den 1970er Jahren in den USA aufgekommene Urban Gardening derweil als Überlebensstrategie und Sozialprojekt betrieben – schlicht, weil die Leute kein Geld haben für den Supermarkt.
Die Motivlage für das städtische Gärtnern liegt zwischen Hunger haben und der Pflege eines sehr gegenwärtigen Lebensstils. Die Soziologin Christa Müller hat das Standardwerk
„Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt geschrieben“. Für sie zählen der Wunsch, sich gesund zu ernähren, oder der Nachbarschaft zu begegnen, zu den Gründen, warum die Städter zum Spaten greifen. Manche wolle einen ökologischen Beitrag leisten. Andere hat die Finanzkrise dazu getrieben, wieder verstärkt auf solide Werte zu
setzen, auf ein überschaubares Stück Land, das man in Eigenverantwortung betreibt. Und für wieder andere sind die privatinitiativ begrünten öffentlichen Räume auch ein Standpunkt
in der Diskussion, für welche Zwecke die Kommune ihre Flächen zur Verfügung stellen soll. Das Hack- Museum hofft natürlich durch die Blume auch Publikum für die Kunst anzuziehen.
Etwas Besseres als der „hack-museumsgARTen“ konnte jedenfalls dem Klüberplatz und der Stadt gar nicht passieren. Theresia Kiefer weiß von Anwohnern der nahen Heinigstraße, die inzwischen ihren anfangs bezogenen Beobachtungsposten verlassen haben. Ihnen gehört jetzt ein Stück Garten in ihrer Stadt. Auch sonst finden einige Rückeroberungen statt.
Zunächst, erzählt der Urban-Gardening- Aktivist Joachim Hoffmann, habe ein bestimmtes Klientel den „hack-museumsgARTen“ dominiert, eher akademisch gebildet. Inzwischen
sind alle Milieus vertreten. Autistische Jugendliche beackern ihr Stück Land. Die Bewohner einer Behinderten- Werkstatt haben den Gießdienst übernommen. Gerade geht ein türkisches Mütterlein an ihr Tomatenbeet. Es gab viele Geld- und Sachspenden. Unzählige Menschen haben ihre Freizeit dafür eingesetzt, dass das hier klappt. Bald soll Biergarten
im Garten eröffnen. Ein Mittagtisch wird angeboten werden. Das Theater-, Konzert- und Kunstprogramm, das Theresia Kiefer zusammenstellt, ist fast fertig.
Es scheint so, dass Ludwigshafen an einer seiner finstersten Stellen ein langer Sommer des Vergnügens bevorsteht. Paradiesische Verhältnisse. Ein Kunststück. Sogar der verrottete
Brunnen auf dem Klüberplatz, der aus Kostengründen abgestellt worden ist, soll wieder instandgesetzt werden. Es soll sprudeln. Ein Sponsor wird noch gesucht.

Von Markus Clauer

Montag, 14. Januar 2013

10. 1. 2013 - Erster Gärtnertreff des neuen Jahres


Artikeltext: Norbert Hufler      Bilder: Leo Hasshoff

Nur selten werden in einem Artikel die Museumsgärtner nicht in ihrer "natürlichen" Umgebung des Museumsgartens gezeigt;wie hier im Hack-Café! Diesen Umstand haben wird dem Kollegen Leo Hasshoff zu verdanken...

Das vorrangige Thema lautete "Tische tauschen" und wurde von der Andernacher Künstlerin Karin Meiner mit einer Begeisterung vorgetragen, die viele Gärtner in den Bann zog und sie sich ebenfalls von dieser Idee anstecken ließen!
Eine Diashow unterstützte dabei diesen Vortrag mit tollen Bildern der letztjährigen Aktion im nördlichen Rheinland-Pfalz (Region Kreis MYK und AW).

Die TISCHTRANSAKTION ist ein künstlerisches Projekt, bei dem Bürger ihre Wohn-Tische für einen Zeitraum von 6 Wochen für andere Bürger zur Verfügung stellen und dafür im Tausch einen fremden Tisch erhalten, in Größe und Ausstattung meist von ähnlicher Qualität.

Thema des Projekts: "Tische tauschen, um die Kultur der Gastfreundschaft zu pflegen".

Nicht nur die TischeTauscher besuchen sich gegenseitig, sondern es erfolgen auch Aufrufe an die allgemeine Bürgerschaft, diese "Tischtauschbürger" zu besuchen, um sich vielleicht ebenfalls an dieser Aktion zu beteiligen - oder auch nur, um Kontakte bei einer Tasse Kaffee zu knüpfen.

"Es ist die KUNST der BEGEGNUNG, die eröffnet und geöffnet, die vielfältigsten Formen von Kreativität in Erscheinung treten lässt." (Zitat Frau Meiner).

Organisation und Kommunikation übernehmen dabei Karin Meiner (Kunstbüro Burgbrohl) und Boris Nieslony (ASA European) in Kooperation mit der Gemeinschaft des museumsgARtens. Es sind einige Aktionen mit Tischen im Vorfeld geplant, um den Boden für die eigentliche Tischtransaktion zu bereiten,
die vom 1. Oktober bis 15. November 2013 stattfinden wird und im ganzen Bundesland RLP vernetzt wird.
Sehen Sie dazu auch hier in den Blog

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Infolge dieser Idee ist auch eine andere entstanden, um die Aktion des Tischetauschens und auch den museumsgARTen in der Bürgerschaft bekannter zu machen:
Beispielsweise könnte ein Tisch mitsamt Stühlen in der Fußgängerzone aufgestellt werden; ein Logo oder ähnliches würde auf den Museumsgarten aufmerksam machen und die Bürger zu einem Gespräch mit kleiner Bewirtung (z.B. Ernten aus unserem Garten) an diesen Tisch einladen.
GärtnerkollegInnen könnten die interessierten Bürger nicht nur informieren, sondern sie auch ganz allgemein zu neuen, sozialen Kontakten bewegen.

Auch könnte ein Tisch im Museumsgarten als Pflanzen-Tauschbörse mit Bürgern dienen; eine klasse Idee!

Beide Aktionen müsste in den Medien bekannt gemacht werden.

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Es werden immer noch weitere Ideen gesucht, um unser Projekt in der Öffentlichkeit zu verbreiten oder es vor Ort auffälliger zu präsentieren!

Kollege Karl-Heinz Röhrig würde gerne eine Art Rundbogen über dem Eingang des Gartens gestalten, aus mit Stahldraht verstärkten Obstkisten, die die einzelnen Buchstaben MUSEUMSGARTEN tragen. Dieser nette Einfall stieß aber auf Bedenken wegen möglicher Stabilitätsprobleme; ich selbst habe deshalb eine Anfrage an die Bauaufsicht gestellt, ob so etwas abnahmepflichtig ist: es wäre doch schade, wenn eine solche Arbeit wieder entfernt werden müsste!

Weitere Ideensammlungen brachten Ansätze hervor, aber keine konkreten Umsetzungsmöglichkeiten; diese müssten noch erarbeitet werden:

- Markierungen irgendwelcher Art auf dem Straßenboden, die in Richtung unseres Gartens führen
- Schilder mit Richtungsweisern, die in bepflanzte Blumentöpfe mit einem Gipseinsatz eingetopft sind (eine spontane Idee von mir während dieses Schreibens)
- Ein Banner zwischen den Trägern in der Bahnhofstraße, direkt vor dem Zugang zum Platz des Gartens
ACHTUNG: Auch diese Vorhaben sind durch die Bauaufsichtsbehörde genehmigungspflichtig!

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Eine Dame von den Stadteilforschern würde gerne den bisherigen Bauwagen gegen ein Zelt tauschen.
Aber auch dieser Vorschlag geriet wegen möglichen Stabilitätsproblemen und auch den Ausmaßen eines solchen Zeltes infolge der platzfordernden Verspannung in die Kritik, so dass hier nach einer Alternative gesucht werden muss.

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Angeregt wurde eine Kontaktaufnahme mit den Kollegen der Neckargärten in Mannheim: gegenseitige Besuche und Ideenaustausch! Einen solchen Versuch will Theresia Kiefer in Angriff nehmen.

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Zwei weitere Projekte wurden noch angesprochen: Zum einen das Buchprojekt über den Museumsgarten von Leo Hasshoff; dies muss aber aus verschiedenen Gründen nach hinten verschoben werden, vor allem auch deswegen, weil bisher zu wenige Rückmeldungen der Museumsgärtner auf seine Fragebögen eingegangen sind.

Ein neues Projekt "Naturkunst" soll eine weitere Verbindung zwischen der Gärtnerei und dem "ART" in der Bezeichnung "museumsgARTen" schaffen:
Vorstellungen sind dabei kleine Kunstwerke, die ausschließlich aus natürlichen Materialien von den Beteiligten erschaffen werden sollen; sowohl stabilere, kleine Aufbauten, als auch vergängliche Harmonien, die nach der Zerstörung durch die Natur durch andere Werke ersetzt werden: nur die fotografische Dokumentation wird übrig bleiben! Erste Ansätze sind schon vorhanden, ebenfalls ein Platz neben der Säule "Ombra Latina", was einen weiteren deutlichen Bezug zu ART - also Kunst - herstellt.
JEDER kann teilnehmen! Meldet Euch bitte!

Als Vorgeschmack hier einige Bilder von Leo Hasshoff hier








Samstag, 5. Januar 2013

31.12.2012: Letzte kleine Aktion!

Am letzten Tag des Jahres werkelte ein besonders aktiver Gärtner, und ich selbst habe eine letzte fotografische Bestandsaufnahme gemacht!